02.11.2017

Dercon als Vorbild für Manager und Führungskräfte

Und was macht Chris Dercon, der Möchtegern-Intendant der Polizeistaats-Bühne, die mal die Volksbühne war?
Dercon, der mit der Polizei die Volksbühne räumen ließ und sie seither von einer privaten Sicherheitsfirma vor unbefugten Zutritten schützen läßt, wird am 18.11.d.J. beim „Wirtschaftsgipfel“ der „Süddeutschen Zeitung“ im Berliner Hotel Adlon zum Thema „Anders führen – was können Manager von Führungskräften in anderen Bereichen lernen“ referieren.
Dabei sollen vornehmlich drei Fragen erörtert werden: „1.: Die richtige Haltung: Wie wird man ein Vorbild für sein Team? 2.: Die richtige Motivation: Wie begeistert man andere? 3.: Die richtige Kommunikation: Wie vermittelt man seine Ziele.“
Dercon und „Haltung“? Dercon und richtige Kommunikation?? Dercon als „Vorbild“?!? Die SZ kann schon auf merkwürdige Gedanken kommen. Aber bei einem Wirtschaftsgipfel im Hotel Adlon mit einem Eintrittspreis von schlappen 3.345 Euro (das Tagesticket kostet 1.650 Euro) ist Dercon allemal besser aufgehoben als in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.

30.09.2017

Chinesisches Politbüro vs. chinesischer Problem-Panda: Deutsche Medien vorn!

Kleine Medienkunde:
Am Samstag, 30.9.2017, berichtet „The Guardian“ auf der Website an prominenter Stelle ausführlich über aktuelle Entwicklungen in Chinas Führung, also in einem der wichtigsten und mächtigsten Länder der Erde, nämlich über die Demontage des Politbüro-Mitglieds Sun Zhengcai:
Xi curbs disloyalty as Communist party expels former rising star

Und am gleichen Tag auf den Webseiten führender deutscher Medien? Niente, natürlich.
Man beschäftigt sich mit dem eigenen Bauchnabel („Comeback der FDP“, „Grüne stimmen für Jamaica-Verhandlungen“) und anderen wichtigen Fragen („Französische Politikerinnen: Denn sie wissen, was ihnen steht“, auf faz.de); einzige „chinesische“ Meldung nach Durchsicht aller einschlägigen Webseiten dann auf „Spiegel Online“:
„Verhaltensauffälliger Panda in Berlin: Das Meng-Meng-Rätsel.“

Deutsche Medien wissen halt, was wirklich wichtig ist!

30.09.2017

Israelboykott, neue Folge, diesmal: Kate Tempest ist zutiefst verletzt

Israelboykott, neue Folge:
Nun hat die Rapperin Kate Tempest ihren Auftritt in Chris Dercons neuer Berliner Volksbühen abgesagt. Was ist passiert?
Kate Tempest unterstützt die Kampagne „Artists for Palestine“, die mit der unsäglichen, „widerlichen“ (Klaus Lederer) Boykottbewegung BDS verschwistert ist, und hat einen Aufruf unterschrieben, daß britische Künstler*innen nicht in Israel auftreten sollen. Ich habe es unlängst bereits beschrieben: Die von Kate Tempest (und Roger Waters und anderen) unterstützte Anti-Israel-Bewegung setzt alle Künstler und Bands, die es wagen, in Israel aufzutreten, und ihre Agenten und Tourveranstalter mächtig unter Druck, sie werden massiv bedroht – die Band Radiohead, die davon betroffen war, bezeichnete die gegen sie gerichtete Kampagne als „zermürbende Erfahrung“. Die antisemitische BDFS-Kampagne ist alles andere als zimperlich.
Nun ist Frau Tempest in sozialen Medien und per Emails kritisiert, angeblich sogar „bedroht“ worden – falls das stimmen sollte (und ich habe wenig Anlaß, das zu glauben), wäre also ungefähr das geschehen, was die BDS-Kampagne zu ihrem täglich Brot macht, nämlich alle massiv zu bedrohen und einzuschüchtern, die in Israel auftreten...
Was aber tut die Künstlerin, die, wenn es um antisemitische Politik geht, doch so mutig voranschreitet? Sie ist beleidigt. Sie ist verletzt, nein, von der Kritik an ihrer Teilnahme am Isarelboykott sogar „zutiefst verletzt“. Und stilisiert sich zum angeblich bedrohten Opfer. Und zieht sich zurück und sagt ihren Auftritt in Berlin ab. Auseinandersetzung? Haltung zeigen? Die eigene Position zur Diskussion stellen? I wo.
Und so hat sich eine vielversprechende Künstlerin aus der Reihe der ernstzunehmenden Künstler*innen ihrer Generation verabschiedet. Nun, wir können gut auf sie verzichten.

P.S.
Ein Leser wies mich auf die Äußerung des Berliner Tourneeveranstalters der ägyptischen Band Islam Chipsy & EEK in Zusammenhang mit der Absage des Auftritts der Band wegen angeblicher israelischer Ko-Finanzierung des Berliner Pop-Kultur-Festivals hin, die mir bisher entgangen war. Laut „taz“ hat der Berliner Tourneeveranstalter sich nicht entblödet, den Vorgang mit einem besonders widerlichen Vergleich zu begründen: „Vielleicht ist es hilfreich sich vorzustellen, dass statt dem Logo der israelischen Botschaft das der NPD auf der Pop-Kultur Website geprangt hätte. Niemand hätte einen Boykott von Künstlern infrage gestellt.“ Israel = NPD? Die Juden also sozusagen selbst Schuld an der Shoah? Was geht in Leuten vor, die so etwas formulieren? Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte.

30.09.2017

taz findet, Slime sollten Frieden mit dem Staat schließen

Andrerseits ist die „taz“ ja auch nicht ohne: Ihr Pop-Chef fragt den Slime-Gitarristen Christian Mevs in einem Interview: „Müsste Slime nicht Frieden schließen mit staatlichen Institutionen, die die Demokratie stärken?“ Also dem Staat auf die Art in den Hintern kriechen, die bei etlichen taz-Autoren längst gang und gebe ist (mal abgesehen von der drolligen Formulierungen bzw. der kuriosen Hirnverdrehung, daß es staatliche Institutionen sein sollen, die die Demokratie stärken, also sozusagen von oben...).
Christian Mevs hat eine klare Antwort: „Nö, für mich wäre ein sinnvoller Staat derjenige, der Rechtsradikalismus gar nicht erst zuläßt. Eine Bildungsoffensive gegen rechts könnte ein Staat stemmen, aber er setzt nur Placebo-Pillen dagegen ein.“

30.09.2017

Dieter Bohlen fällt supergut vom Stand-up-Paddel

Auch gut: Dieter Bohlen (laut „Closer“, via „FAS“-Herzblatt-Geschichten) über spezielle Fähigkeiten:
„Ich kann supergut vom Stand-up-Paddel fallen; immer wieder mit neuen Falltechniken. Aber das wollte bislang keiner sehen.“
Der eine steigt aufs Surfbrett, um Stand-up-Paddeln zu betreiben (was, da bin ich mir mit einem guten Zürcher Freund nach einschlägiger Beobachtung auf dem Vierwaldstätter See sehr einig, bescheuert genug ist...). Der andere steigt aufs Paddel und hat wieder mal etwas nicht kapiert...

20.09.2017

Verbrecherische Automobilindustrie? Worauf die Kanzlerin ihren Amtseid geschworen hat...

Stichwort Automobilindustrie: Erst verhindert die Bundesregierung strengere Abgasnormen für Autos, dann wird bekannt, daß BMW-Großaktionäre kurz zuvor der CDU fast 700.000 Euro gespendet haben (Handelsblatt).
Aber worüber regen wir uns hier eigentlich auf? Wo ist denn das Problem? Die Bundesregierung und die einschlägigen Landesregierungen egal welcher Couleur haben sich mit Haut und Haaren der Automobilindustrie ausgeliefert und lassen es zu, daß sich „die Automobilindustrie, die wissentlich und vorsätzlich Mensch und Umwelt vergiftet“ („Spiegel“), weiter aus ihrer Verantwortung stehlen kann. „Tod liegt in der Luft“ („FAZ“), jedenfalls für die Menschen, die von den Produkten der Automobilindustrie vergiftet werden. „Aber vielleicht fließt durch die Adern der Politiker, die etwas ändern könnten, ja doch Benzin?“, fragt Edo Reents in der „FAZ“. Oder liegt es einfach daran, daß die Automobilindustrie der Politik seit jeher nennenswerte Spenden angedeihen läßt, und daß es eine extrem enge Verflechtung des politischen Personals mit der Automobilindustrie gibt? Der ehemalige Verkehrsminister Wissmann (CDU) ist seit 2007 Präsident des Verbands der Automobilindustrie, also deren Cheflobbyist. Eckart von Klaeden (CDU) war bis 2013 Staatsminister im Kanzleramt, also einer der wichtigsten Helfer der Kanzlerin, und wechselte unmittelbar in den neuen Job als Cheflobbyist von Daimler. Thomas Steg (SPD) war Vize-Regierungssprecher und ist seit 2012 Cheflobbyist von Volkswagen. Michael Jansen war bis 2009 Büroleiter von Angela Merkel in der CDU-Zentrale und ist seit 2015 Leiter der Berliner Vertretung von VW. Maximilian Schöberl war lange Jahre Pressesprecher der SU und ist seit 2006 Cheflobbyist von BMW (alle Fakten aus „SZ“). Die Liste ist beliebig fortsetzbar.
Daß es immer noch keine strikten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge gibt, ist ein Skandal, aber relativ einfach erklärbar. Und die Medien, die die großen Anzeigen der Automobilkonzerne abdrucken, tun das ihrige dazu: Da liest und hört man Floskeln wie, es gebe „schlechte Nachrichten für den Diesel“. Für den Diesel? Na, das ist ja unerhört, da muß man sich ja regelrecht Sorgen machen um den Diesel, wenn der morgens seine Zeitung liest und schlechte Nachrichten entdecken muß. Nicht eher schlechte Nachrichten für die Menschen, die durch Dieselfahrzeuge vergiftet werden?!?
Aber wie gesagt, wo ist das Problem? Schließlich hat die Kanzlerin bekanntlich keinen Amtseid darauf geschworen, Schaden von den Menschen der Republik abzuwenden. Nein, der Amtseid der Bundeskanzlerin (aber auch jedes Wirtschaftsministers und jedes Ministerpräsidenten in jedem Bundesland, in dem Automobilkonzerne existieren), das weiß doch heute jedes Schulkind, lautet schließlich, Schaden von der deutschen Automobilindustrie abzuwenden.

20.09.2017

Stickstoffdioxid-Grenzwerte durch Dieselautos systematisch überschritten? FDP-Lindner hat die Lösung!

Und sowieso versteht man ja nicht, warum so ein Theater um das angebliche systematische Überschreiten der Grenzwerte von Stickstoffdioxid gemacht wird. Die autofeindliche Presse behauptet, daß „in 28 Städten oder Ballungsräumen hierzulande anhaltend gegen die in der EU festgesetzten Grenzwerte für Stickstoffdioxid verstoßen“ wird („FAZ“).
Awcmon.
FDP-Chef Christian Lindner hat die Lösung, und sie ist sehr einfach, nämlich: die Grenzwerte heruntersetzen! Denn mit niedrigeren Grenzwerten verstößt die Autoindustrie mit ihren manipulierten Dieselfahrzeugen nun mal weniger gegen die gesetzlichen Vorgaben, und es werden sozusagen automatisch weniger Menschen vergiftet.
So klug, so smart, so lösungsorientiert! Hoffen wir, daß Lindner Verkehrsminister der neuen Bundesregierung wird! Die Autofahrernation Deutschland hat sich ihren Lindner redlich verdient.

20.09.2017

Bundestagswahlkampf - Der Tanz um das kleinere Übel?

Bundestagswahlkampf? Schlechter Scherz.
Man kann das, was zu diesem Staatstheater zu sagen ist, sehr klug formulieren wie Rainer Trampert in seinem Artikel „Der Tanz um das kleinere Übel“.
Oder sagen wir es einfach mit Christoph Schlingensief, dessen „Chance 2000“ wir 1998 wählen durften:
„Ihr müsst diese Gesellschaft benutzen, die euch kaputtmachen will. Stürmt die Medien! Stürmt das System!“

20.09.2017

Herbst: Jetzt wird gekärchert!

Herbst. Kärcher-Zeit.
Jetzt treiben sie sich wieder allüberall in den Parks und Gartenanlagen herum, die Lümmel mit ihren lauten Laubverteilungsrohren, die endlos lang das Laub vor sich hin pusten, das früher noch mit Rechen lautlos und zügig zusammengerecht wurde.
Ich denke daran, wie heutzutage jeder Konzertveranstalter massive Lärmschutzmaßnahmen garantieren muß, wie von den Kommunalverwaltungen die dB-Zahlen für alle Rockkonzerte auf kaum mehr wahrnehmbare Grenzen zurückgefahren werden – während all die kärchernden Laubrumpuster die Umwelt mit ihrem brachialen Lärm verschmutzen, der nur aushaltbar ist, wenn sie Lärmschutz tragen. Aber gut, das eine ist Musik, davor muß man die Menschen natürlich schützen, das andere ist Gekärcher, und das muß man eo ipso schützen.

20.09.2017

Pop-Kultur-Festival: Jedes Ticket mit 150 Euro subventioniert!

Nun ist also erneut das überflüssige, vom Berliner Senat via seines Music-Boards veranstaltete „Pop.Kultur“-Festival über die Bühne gegangen. Mit knapp anderthalb Millionen Euro wurde das Senatsfestival laut „Berliner Zeitung“ dieses Jahr gefördert, und man hat gut 70 Konzerte und insgesamt etwa 100 Veranstaltungen kuratiert, die etwa 10.000 Besucher*innen angezogen haben. Jede einzelne Veranstaltung hat also gut 15.000 Euro gekostet. Wow, ein ganz schöner Batzen Geld, nicht? Oder andersherum: jedes Ticket des Festivals wurde mit gut 150 Euro subventioniert, also in einer Dimension, in der sonst die Plätze in Opernhäusern oder bei Philharmonikerkonzerten mit öffentlichen Mitteln finanziert werden – bloß, daß da riesige Ensembles mit bis zu hundert Mitgliedern auftreten, während die meisten Popbands doch nach wie vor in Besetzungen spielen, deren Mitglieder an den Fingern einer Hand abzuzählen sind.

Welchen Zweck also hat es, daß der Staat derart tief in die Tasche greift, um seine Vorstellungen von Staatspop bzw. Senatspop durchzusetzen? Cui bono? Es ist ja kein Geheimnis, daß es den Politiker*innen mit ihrer Subvention der Popkultur darauf ankommt, deren eingebrannte (und zugegeben mitunter kaum noch zu erkennende) Widerständigkeit einzuebnen. Es geht um kulturelle Hegemonie, und dieser sollen sich all die „bunten Völkchen“ unterordnen, die vor Zeiten einmal subversive Lebenskonzepte und alternative gesellschaftliche Vorstellungen verfolgt haben. Es lohnt sich, den Gedanken der Kulturstaatsministerin Grütters (CDU) zu lauschen, wenn man eine Vorstellung gewinnen will, worum es hier geht: Die nämlich erklärte in ihrem Grußwort zum „Pop-Kultur“-Festival in dankenswerter Deutlichkeit, daß sie die Popkultur als eine Art Bierkultur ansieht: Grütters warf laut „Tagesspiegel“ die Brau- und die Pop-Kultur in einen (Brau-?)Topf, sprach von „Craft-Pop“ (denn auch eine Kulturstaatsministerin hat heutzutage Redenschreiber, die sich mit dem hippen Craft-Beer auskennen) und von „musikalischen Geschmackserlebnissen“ – Frau Grütters möchte also, daß Popmusik so konsumiert wird, wie man Bier trinkt. Da ist es nicht mehr weit vom Pop-Kultur-Festival zum Oktoberfest, ein Event das eine wie das andere. „Wie die Craft-Beer-Brauer sind Sie die sympathischen Rebellen der Branche“, beleidigte die Kulturstaatsministerin schließlich noch die Popkultur-Musiker*innen und Kulturarbeiter*innen (bzw. den Teil, der eine derartige Verharmlosung noch als Beleidigung begreift). Und so machte einer der Kuratoren dann auch prompt brav Dienerchen und bedankte sich äußerst artig bei Frau Grütters, denn „dank der zusätzlichen Förderung der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien konnte sich das Festival merkbar weiterentwickeln“. Und noch mehr Künstler*innen und Bands auftreten lassen, die ohne die 150-Euro-pro-Ticket-Subvention sonst niemals nicht in Berlin auftreten könnten und würden: Von Balbina, Erobique, Romano, den Sleaford Mods, den Friends of Gas, Andreas Dorau und all den anderen hat man ohne die Senatspop-Veranstaltung in Berlin nämlich bisher noch nie etwas gehört...

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Popkultur braucht im Großen und Ganzen keine staatlichen Subventionen! Die wenigen Ausnahmen sind Produktionen, die aufwendig sind, bestimmte Spielorte wie Theater benötigen und anders nicht zu finanzieren wären; das sind höchstens 5 Prozent aller Pop-Konzerte. Die Popkultur benötigt auch keine Kuratoren! Sorgt dafür, daß es bezahlbare Mieten und günstige Proberäume gibt! Sorgt dafür, daß es ausreichend Musikunterricht gibt – in Berlin stehen über 10.000 Kinder und Jugendliche auf den Wartelisten der Musikschulen, Berliner Kinder und Jugendliche haben laut Deutschem Kulturrat „bundesweit die schlechtesten Chancen auf kulturelle Teilhabe“! Und sorgt endlich dafür, daß die Musiklehrer*innen auch anständig bezahlt werden! In Berlin sind nur 7 Prozent der Musiklehrer*innen fest angestellt, im Vergleich zu 75 Prozent im Bundesschnitt, und der öffentliche Zuschuß pro Jahreswochenstunde an den Musikschulen ist in Berlin der mit Abstand niedrigste aller deutschen Großstädte. Wenn ihr wirklich etwas für die Musik tun wollt, dann laßt die Popkultur in Ruhe, hört auf, den Distinktionsvorteil der Mittelschichts-Kids und Fan-Boys mit 150 Euro pro Ticket zu finanzieren, und packt das Geld stattdessen in die Musikschulen, denn dort wird es wirklich dringend benötigt!

Ach ja, und ein Letztes: Einigermaßen drollig finde ich immer das „Argument“ der Journalisten, das Staats- bzw. Senatspop-Festival trete doch gar nicht in Konkurrenz zu den vielen Berliner Veranstaltern, die tagtäglich ohne Subventionen versuchen, ein anspruchsvolles popmusikalisches Programm auf die Beine zu stellen, weil es doch so ein schönes Festival mit so guten Konzerten geworden sei. Der Zweck also heiligt die Mittel? Mich würde interessieren, was die Damen und Herren des eingebetteten Popjournalismus schreiben würden, wenn der Berliner Senat auf die Idee kommen würde, eine Tageszeitung herauszugeben. Ist ja auch etwas, was nicht zu den Kernaufgaben der öffentlichen Hand gehören würde, genauso wie das Veranstalten von Popfestivals. Und wenn diese Senats-Tageszeitung dann einigermaßen o.k. wäre, wäre dann auch alles in Ordnung, und die Journalisten würden sich über sinkende Auflagen (und nachfolgende Entlassungen...) ihrer Publikationen freuen, oder sie zumindest nonchalant in Kauf nehmen?

20.09.2017

Kuratoren zum Teufel!

„Meinetwegen können die Kuratoren alle zum Teufel gehen."
Bazon Brock

20.09.2017

Softpunk betreibt Entschleunigung

Auch toll:
Ein „Goldrausch“ genanntes „Event“, bei dem lauter sich „freie Kuratorinnen“ nennende Menschen auftreten. Dazu gibt es Performances, Kunst und, Achtung!, ein
„Konzert von und mit Sophia Mix“, die laut Flyer „Singer/Softpunk/Songwriter“ ist. Softpunk! Also die Grütters-kompatible Version von Punk? Das Craftbeer unter den Punkbands gewissermaßen?
Und was betreibt eine derartige Singer/Softpunk/Songwriter-Künstlerin? „Entschleunigungsmusik“! Im Ernst, so steht es da.
Na, wenn solche Musik nicht sofort Staatszuschüsse bekommen sollte! Oh, Verzeihung: bekommt sie ja längst. Denn „Goldrausch“ wird unter anderem von der Europäischen Union und von der Berliner Senatsverwaltung für, ähem, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung finanziert.

20.09.2017

BDS-Kampagne: Sollen wir die Absagen antisemitischer Künstler "bedauern"?

Die Boykottkampagne der Anti-Israel-Bewegung BDS gegen das Berliner Pop-Kultur-Festival war nicht nur vom Anlaß her lächerlich, sondern vor allem ausgesprochen „widerlich“, wie Berlins Kultursenator Lederer zu Recht sagte. Eine derart eindeutige Stellungnahme hätte man sich auch von den Macher*innen des Festivals gewünscht: Diese „bedauerten“ die Absagen der Künstler*innen, die nicht bei einem Festival auftreten wollten, bei dem auch eine israelische Band spielt, deren Reisekosten von der israelischen Botschaft bezuschußt wurden.
Sorry, aber kann man „bedauern“, was einfach nur widerlich ist? Kann man eine Absage „bedauern“, deren Motiv die offene Diskriminierung Israels, also plumper Antisemitismus ist? Tut mir leid, dafür habe ich kein Verständnis, und ich bedauere es keineswegs, wenn derartige Bands auch in Zukunft zu Hause bleiben und hierzulande keine Plattform für ihre dumpfe Israel-Feindlichkeit erhalten.
(am Rande: wann immer ich in der Vergangenheit Gastspiele meiner Bands in Israel geplant und durchgeführt habe, sind sowohl meine Bands – wie z.B. Calexico, Lambchop, The Residents oder Tortoise – wie ich selbst unter Beschuß der BDS geraten. Business as usual. Und ich bin froh und, ja, auch ein klein wenig stolz darauf, daß alle von mir gebuchten Bands mit Freude in Israel aufgetreten sind und keine auch nur in Erwägung gezogen hat, derartige Konzerte abzusagen. Siehe auch meinen Artikel „Der Boykott-Blues“ aus der „Jüdischen Allgemeinen“ aus dem Jahr 2013)
 

20.09.2017

Antisemitismus in der Indie-Pop-Kultur

Antisemitismus wird allerdings heutzutage nicht nur von Neonazis und von den BDS-Leuten gepflegt. Er ist längst auch in Teilen der Indie-Pop-Kultur fest verankert. Wie Jonas Engelmann in einem wichtigen Artikel in der „Jungle World“ schreibt, vermeiden die Betreiber des Labels Constellation Records systematisch den Vertrieb ihrer Produkte in Israel. Constellation ist ein renommiertes Label, das unter anderem die Alben von Godspeed You! Black Emperor, Matana Roberts oder A Silver Mt. Zion herausbringt. „No Export to Israel!“ lautet die klare Ansage des Montrealer Labels an seinen Vertrieb, eine Aussage, die neuerdings auch auf jedem Presseinfo des Labels kleingedruckt zu lesen ist.
Und was sagen die Bands dazu? Klar, Godspeed und Silver Mt. Zion betreiben diese merkwürdige Politik, sie haben offensichtlich kein Problem, wenn ihre Musik in Scharia-Staaten oder Militärdiktaturen veröffentlicht wird, nur in Israel soll das eben nicht sein. Aber es gibt ja auch noch andere Künstler auf Constellation. Aber irgendwie scheint das „dumpfe Bedienen von Ressentiments einer neuen Selbstverständlichkeit zu entsprechen“ (Engelmann).

20.09.2017

Gehälter von ARD-Intendanten (und ein Rechenfehler)

Die „Welt“ staunt über die Steigerungsrate bei den Gehältern der ARD-Intendanten: „Als vor rund sieben Jahren die erste Transparenzwelle durch die ARD-Führungsetage schwappte, sahen die Gehälter noch ganz anders aus. Die damalige WDR-Chefin Monika Piel kam im Jahr 2009 auf ein Grundgehalt von 308.000 Euro." Der jetzige WDR-Chef Tom Buhrow verdient 399.000 Euro. „Zwischen diesen sieben Jahren liegt demnach ein Sprung von 22 Prozent."
Nun wollen wir nicht kleinlich sein, aber ein Anstieg von 308.000 auf 399.000 Euro in sieben Jahren entspricht nicht 22, sondern knapp 30 Prozent, weil die Bezugsgröße natürlich das ursprüngliche Gehalt ist...
Ansonsten ist das inhaltlich natürlich völlig korrekt – die Intendant*innen von ARD und ZDF bekommen riesige Gehälter, die von den Zwangsabgaben der Gebührenzahler*innen finanziert werden. Wie das alles zustande kommt, kann man immer noch in meinem 2015 erschienenen Buch „I Have A Stream“ nachlesen...

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