20.02.2012

Griechenland

Was ja das wirklich ekelhafte an der Griechenland-Diskussion
ist, das ist diese hochnäsige und verlogene Griechen-Feindlichkeit, verbunden
mit der Unwahrheit, mit der unsere Politiker und ihre Bankiers (oder sollte man
das nicht besser andersherum sagen?) argumentieren. Ja, Griechenland ist
pleite, das wird wohl so sein. Aber die Gelder, die Europas Regierungen da zur
Verfügung stellen, dienen eben nicht den Griechen, sondern ihren Gläubigern.
Die „neoliberale Taliban“ (Cohn-Bendit) aus EU, IWF und EZB erpreßt die
griechische Regierung zu immer neuen Sparmaßnahmen, statt dem Land endlich
wieder Wachstumsperspektiven zu geben. Das „Rettungspaket“, das unter der Knute
Schäubles und Merkels zusammengeschnürt wird, „orientiert sich nicht an den
Bedürfnissen der griechischen Bürger, sondern an den angeblichen Gesetzmäßigkeiten
der internationalen Finanzmärkte.“ (SPON).

Was Not tun würde, wäre ein kompletter Schuldenerlaß – denn
die Sparzwänge, die den Griechen derzeit von der EU unter Führung der deutschen
Regierung aufgedrückt werden, führen zu drastisch steigender Arbeitslosigkeit,
Absenkung der Mindestlöhne, extremer Schrumpfung der Wirtschaft und zu
kompletter Perspektivlosigkeit der Menschen in Griechenland. Und daß
ausgerechnet der deutsche Außenmininister (das war eigentlich ein Freudscher
Tippfehler, aber so, wie das dasteht, ists köstlich und treffend, oder?)
Westerwelle, der Griechenland noch vor genau einem Jahr dringend zum Kauf von
Eurofightern und anderen Rüstungsimporten aus Deutschland drängte, jetzt Druck
macht und „scharfe Warnungen an Griechenland“ zu mehr Sparsamkeit richtet, ist
der Gipfel der Verlogenheit.

Für einen kompletten Schuldenerlaß und nachhaltige
Unterstützung gibt es eigentlich ein gutes Beispiel: Vor 60 Jahren erließen die
Gläubiger der Bundesrepublik einen Teil ihrer Schulden – die 65 Gläubigerstaaten,
angeführt von den USA, gewährten der BRD einen Erlaß von 50 Prozent aller
Auslandsschulden sowie eine massive Senkung der Zinsen – und dieser
Schuldenerlaß war nicht etwa an Sparprogramme geknüpft, sondern sah im
Gegenteil wachstumsfördernde Maßnahmen vor. Beim Londoner Schuldenabkommen vom
Februar 1953 verzichtete übrigens auch ein Land namens Griechenland großherzig
auf die Rückzahlung von deutschen Schulden und ermöglichte so den
wirtschaftlichen Aufstieg der BRD. Es wäre an der Zeit, daß sich Deutschland
daran ein Beispiel nähme und Griechenland großzügig behandelt.