05.07.2007

Und Ansonsten 2007-07-05

Mochte
die Lieder von Georg Danzer immer sehr, ohne ein eingefleischter Fan des Wiener
Liedermachers zu sein. Und dennoch machte mich der Tod Danzers so melancholisch
wie manche seiner Lieder. Wie so etwas kommt? Ich weiß es nicht.
Ich erinnere mich, wie eine Freundin zu Land-WG-Zeiten um 1980 rum eine
Danzer-Kassette mitbrachte, und was man da an "Liedermacherei" hörte,
war in dem Genre so befreiend wie auf andere Art das erste Hören von sagen wir
Roxy Music oder N.R.B.Q. - daß so etwas ging! Wow! "Sex-Appeal" oder
"Der legendäre Wixer-Blues vom 7.Oktober 1976". Da sang einer in sich
sehr ernst nehmenden, in gewissermaßen alternativ-stalinistischen Zeiten mit
Ironie, mit Selbstironie gar, mit Leichtigkeit, mit Hang zur Melancholie
natürlich auch.
Und so kaufte man zwar nicht viele Alben von Georg Danzer, hörte aber immer
wieder mal seine Lieder, und immer blieb man kurz still, wenn man etwas von
Danzer hörte, und freute sich an seinem Ton. Das witzige "Komm zieh dich
aus" so wie das fabelhafte "I bin a Kniera". Und wer noch nie in
seinem Leben Momente wie "Laß mi amoi no d'Sun aufgeh segn" oder
"I wü no ned hamgeh" erlebt hat, der soll meinetwegen weiter zu
moralinsaurer deutscher Liedermacherei greifen. Ich jedenfalls kann
Feuilletons, die keine Nachrufe auf den großen Georg Danzer gedruckt haben,
nicht ernst nehmen. Danke, SZ, und: Danke, FAZ! Und: Adieu, Georg Danzer.

* * *

In der "Jazzthetik" war in einer Konzertkritik über "Die Zimmermänner"
zu lesen:
"Durch ein geduldiges
Herauszögern des Konzertbeginns dürfen die Musiker schließlich mehr als ihr
Vierfaches vor der Bühne begrüßen, womit der Abend zuvor, in Frankfurt, schon
mal locker getoppt wurde. Merkwürdig ist solches Desinteresse schon, denn in
der einschlägigen Pop-Presse ist das erstaunliche Comeback der Band (…)
durchaus ein Thema für nostalgische Herzensergüsse zumeist älterer Mitarbeiter
gewesen."
Nun, "erstaunlich" ist das alles für unsereinen nicht wirklich. Ich
kanns gerne erklären: Einer der "Zimmermänner" ist ein renommierter
Musikjournalist, der seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten für verschiedene
Popmagazine wie auch andere Publikationen schreibt. Und daß im deutschen
Popjournalismus ein Korpsgeist herrscht, gegen den das preußische Militär eine
Anarchistentruppe war, ist nichts wirklich Neues.
Ein anderer "Zimmermann" ist Managing Director einer der größten
multinationalen Konzerte der Unterhaltungsindustrie, mithin auch
(Mit-)Verwalter eines nennenswerten Marketingbudgets. Also, daß die Presse da
eher Jubelarien denn Verrisse über so eine Band schreibt, erscheint mir nur zu
logisch. Daß das Publikum allerdings auf den Quatsch trotzdem nicht reinfällt,
beweist dann schon wieder eine Unabhängigkeit des Geschmacks, den man sich an
anderer Stelle ebenfalls wünschen würde…

* * *

Meldung von "Musikwoche.de":
"EMI hat sich den
Rauswurf von Alain Levy bisher rund 4,6 Millionen Pfund, umgerechnet 6,8
Millionen Euro, kosten lassen. Und der bis Mitte Januar als CEO und Chairman
der Tonträgersparte EMI Recorded Music tätige Topmanager erhält auch weiterhin
Geld.
Zusätzlich zu seinem
Basisgehalt von 912.100 Pfund (1,3 Millionen Euro) soll Levy leistungsabhängige
Zahlungen in Höhe von 1,1 Millionen Pfund (1,6 Millionen Euro) sowie eine
Abfindung von 2,5 Millionen Pfund (3,7 Millionen Euro) bekommen haben."

Und die kürzlich von EMI unter Vertrag genommene Gruppe Bratsch muß sich ihre
Promo-CDs (also CDs, die für die Werbung von Tourneekonzerten verwendet werden)
von der EMI für EUR 12,99 kaufen, weil dafür bei dem Konzern kein Geld mehr
übrig ist…

* * *

Eigentlich ist die sogenannte "Bionade" ja ein nicht unsympathisches
(Kleinbrauerei aus der Rhön z.B.) und noch dazu durchaus schmackhaftes Produkt.
Was die Firma allerdings bewogen haben mag, nun eine große Werbekampagne unter
der Schlagzeile "Das offizielle Getränk für eine bessere Welt" zu
fahren, ist nicht zu verstehen. Habt ihrs nicht paar Nummern kleiner, bitte?
"Limonadengetränk für Bob Geldof" zum Beispiel?

* * *

Laut Pressetext ist das "Leitmotiv"
beim diesjährigen Berliner popdeurope-Festival "der Alltag von jungen Migranten in den europäischen
Metropolen, der Versuch des Zusammenlebens, der Erfolg und das Scheitern im
Miteinander der Kulturen". Deswegen hat man dann konsequent
auch Bands und Künstler wie Mia, Ohrbooten oder Shantel als Headliner des
Festivals gebucht, die ja bekanntermaßen allesamt bestens den Alltag junger
Migranten in den europäischen Metropolen repräsentieren…

* * *

Ich finde übrigens, daß einschlägig bekannte Kreise der EsPeDe Übles wollen.
Etwa, indem sie der Partei eine Krise andichten wollen angesichts aktueller
Umfragewerte - wobei gemeinhin übersehen wird, wie deutlich die alte Tante das
FDP-"Projekt 18" zu übertreffen immer noch in der Lage ist.
Oder neulich, da ging die "Spiegel"-Meldung durch die Welt, in der
SPD-Bundestagsfraktion würden seit Jahren Zeitarbeitskräfte zu Niedriglöhnen
beschäftigt. So arbeiten Sekretärinnen bei der SPD-Bundestagsfraktion für 6,70
Euro pro Stunde. Dann wird hämisch darauf hingewiesen, daß die SPD in der
Großen Koalition für einen gesetzlichen Mindestlohn bei Zeitarbeit von 7,15
Euro (West) und 6,22 Euro (Ost) eintrete, woraus offensichtlich und aus purer
Polemik ein Widerspruch hergeleitet wird.
Dabei vergessen die selbstgefälligen Kommentatoren gerne, daß der Reichstag und
mithin auch die Bundestagsbüros in "Mitte", also im Osten Berlins
liegen, wo naturgemäß immer noch Ost-Tarife Gültigkeit besitzen. Und mit ihrem
Stundenlohn von 6,70 Euro hat die SPD-Bundestagsfraktion freiwillig und
durchaus heldenhaft ihre eigenen Ziele eines Mindestlohns (Ost) von 6,22 Euro
um satte 7,7% übertroffen. Wenn das mal kein Tarifergebnis ist - 7,7 Prozent!