12.11.2016

Stefanie Kloß (Silbermond) und das Geschäft mit der Musik

Natürlich ist das, was die Band Silbermond macht, nicht gerade meine erklärte Lieblingsmusik. Aber unter all den vor auch schon wieder mehr als einem Jahrzehnt von der Musikindustrie mit einem Plattenvertrag versehenen jungen Bands des Modells „selbstbewußte junge Frontfrau plus avancierte Schülerband“ war sie immer die interessanteste und beste. Nun gut, ist eben alles relativ im Leben. Ich hab sie einmal live gesehen, bei der Verleihung des sogenannten „LEA“-Awards der deutschen Konzertbranche in Hamburg, und wenn ich Ihnen erzähle, daß ihr Auftritt der mit Abstand beste des ganzen Rahmenprogramms war, können Sie sich ungefähr das ästhetische Niveau des Abends vorstellen...

Aber: Stefanie Kloß, die Sängerin von Silbermond, scheint eine kluge Frau zu sein. Jedenfalls hat sie der „Süddeutschen Zeitung“ Ende September ein Interview in deren Serie „Reden wir über Geld“ gegeben, und darin sind so viele gute Aussagen enthalten, daß ich richtig Respekt vor Stefanie Kloß bekommen habe. Sie hat das „Geschäft mit der Musik“ offensichtlich weitgehend durchschaut.

Sie äußerst sich kritisch zu Plattenfirmen, die Einfluß auf die Bandzusammenstellung nehmen wollten und Songs durchsetzten, die die Band spielen sollte, wie das halt so ist:
„Aber die Plattenfirmen... na ja. Manche haben gesagt, wir müßten unbedingt noch einen Keyboarder dazunehmen. Andere meinten, das würde irgendwie noch nicht passen, das sei alles nicht gut genug. (...) Wir wollten dann eine ganze Zeit lang mit Plattenfirmen nichts mehr zu tun haben.“

Vor allem erklärt Stefanie Kloß, worauf es ankommt, wenn man wirklich Musik machen und davon vielleicht auch leben will:
„Die Musik war oberste Priorität. Wichtiger als ins Freibad gehen, Freundinnen treffen oder sonst etwas. (...) Das mußt du ja erst mal laut aussprechen: Wir wollen Musik machen und nichts anderes. Ich hatte keinen Plan B. Wenn du einen Plan B hast, wird es sowieso nichts.“
Du mußt wollen, daß es mit deiner Musik etwas wird! Du mußt lernen, an deinen Songs arbeiten, dich als Liveband immer weiter verbessern. Du mußt die Klassiker studieren, dich mit den Arrangements beschäftigen, „ein kreativer Prozeß ist eine Reise zwischen Himmel und Hölle“. Und du mußt spielen spielen spielen: „Wir haben dann eine ganze Zeit lang nur noch Konzerte gespielt. (...) Die Leute merken, ob man etwas ernst meint.“
Aber es gibt natürlich keine Garantie für den Erfolg. „Es ist immer auch viel Glück dabei. Es gibt viele tolle Bands, die schaffen es nie.“ Wie wahr.

Und dann gibt es ein paar Aussagen in diesem Interview, die außergewöhnlich sympathisch sind, gerade in unseren neoliberalen Zeiten. Stefanie Kloß erzählt, daß sie relativ bescheiden zur Miete wohnt, „drei Zimmer, 70 Quadratmeter, das reicht mir“. Hatte sie nie Lust auf Konsumexzess, fragt die „SZ“. „Was braucht man denn unbedingt? Ich mache mir zum Beispiel nichts aus Autos“, und dann erzählt die Künstlerin, daß sie sich „nach den ersten Erfolgen“ eine Lederjacke für 250 Euro gekauft und „auf die Lippe gebissen“ habe.

Und schließlich berichtet Stefanie Kloß, wie die Einnahmen bei Silbermond verteilt werden. Nämlich in vier gleiche Teile, „ist doch logisch. Wir sind eine Band. Ich kann singen, aber tausend andere Sachen nicht. Jeder bringt das in die Band ein, was er einbringen kann. Wir teilen unsere Einnahmen durch vier.“ Alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Aber wie ist das mit Ihrer Gage für die Teilnahme an „The Voice of Germany“, Frau Kloß? „Das haben Sie ja allein gemacht“, fragt die „Süddeutsche“. Und Frau Kloß erteilt uns allen eine kleine Lehrstunde in Kollektivität und Solidarität: „Ich bin ja nicht dort gesessen, weil ich die lustige Stefanie Kloß bin, sondern als Sängerin von Silbermond. Und die Jungs haben in der Zwischenzeit zu Hause an Songs geschraubt, die haben ja auch nicht Urlaub gemacht. Deshalb haben wir natürlich auch diese Gage geteilt. Das ist so bei uns.“

Ganz großen Respekt, Stefanie Kloß!
Und jetzt fange ich an, wieder ein bißchen an das Gute im Musikgeschäft zu glauben.