12.11.2017

Dercons Volksbühnen-Neueröffnung: ein aufgeblasenes Nichts

Und nun also, nach dem Ringelpiez-mit-Anfassen-Quatsch im Hangar des Flughafens Tempelhof vor zwei Monaten, die Wieder-Eröffnung der Berliner Volksbühne unter Dercon. Draußen steht die Polizei – wie fühlt man sich da als Schauspieler*in, als Publikum? Drinnen: „Große Gesten, wenig Gehalt“ (Dirk Pilz, „Berliner Zeitung“), „Esoterik“ und „Quälerei“ (André Murmot, DLF), „eine Beleidigung der Zuschauer“ (Simon Strauss, „FAZ“). Dercon und seine Leute sind ein wenig in der Welt rumgegondelt und haben Produktionen eingekauft, die andernorts schon liefen: Performances von Tino Sehgal, die zum Beispiel bereits an Dercons alter Wirkungsstätte, der Tate Modern in London, oder jüngst im Martin-Gropius-Bau zu sehen waren und jetzt zum „Häppchenbeiwerk, zum Hintergrundrauschen“ (Pilz) werden beziehungsweise im Nicht-Kunst-Kontext der großen Theaterbühne „zerplatzen wie Seifenblasen“, „wie eine Sektenveranstaltung“ wirken, „ein mittelgroßer Bluff“, „eher eine Late Modern als eine Tate Modern“ (Rüdiger Schaper, „Tagesspiegel“). Die Re-Inszenierung dreier Beckett-Stücke, die schon in Kopenhagen oder Sidney so gezeigt wurden: „musealisiert“ („SPON“), „ausgestellte Absurdität, museal verpacktes Reproduktionstheater“ (Pilz). „Was hier passierte, war nichts anderes als eine Veralberung des Publikums“ (Strauss).

Endlos lang haben Dercon und seine Leute Zeit gehabt, etwas auf die Beine zu stellen, Millionen haben ihnen die SPD-Kulturpolitiker seinerzeit für die Eröffnung zusätzlich zum eigentlichen Volksbühnen-Etat zugeschanzt. Der Berg kreiste ewiglich, heraus kam nicht einmal eine Maus, kein Mäuschen, sondern ein aufgeblasenes Nichts.

Wenn Dercon überhaupt etwas kann, und seine Befürworter behaupten das, dann ist es Museum. Dummerweise macht er auch das Theater zu einem Museum. Freundlich gesagt ist das ein Mißverständnis und Dercon als Intendant eine Fehlbesetzung. Man kann aber auch sagen, daß es ein riesengroßes Ärgernis ist, wie ein inkompetenter Intendant, von einem nicht minder inkompetenten SPD-Kulturstaatssekretär namens Renner ins Amt gehievt, Steuergelder mit musealen und teuer eingekauften Theaterinszenierungen verbrennt. Das hat unsere Volksbühne, das hat Berlin nicht verdient.

Hoffentlich haben die Kulturpolitiker bald ein Einsehen und bereiten dem schlechten Spiel ein Ende, bevor noch größerer Schaden entsteht. Dercon hat im Juni in einem „Zeit“-Interview gebarmt, er habe sich „noch nie so unfrei gefühlt wie in Berlin“. Liebe Berliner Kulturpolitiker*innen: Helft dem armen Mann! Entlaßt Dercon aus seinem Vertrag! Soll er woanders wieder seine Freiheit genießen. So wäre uns allen geholfen.