13.09.2022

Infektionsschutzgesetz und Weltfremdheit

Niemand in der Kulturbranche weiß, was Herbst und Winter bringen werden. Was Corona angeht, sind wir in Maßen optimistisch – es gibt gute Impfstoffe, die meisten Clubs, Venues und Konzertsäle sind sicher mit Belüftungssystemen auf dem neuesten Stand der Technik, nicht zuletzt dank der Förderungen der Bundesregierung.
Größere Sorgen machen uns derzeit die Energiekosten. Erstens: Wie soll man kleinere Konzerte finanzieren bei Energiekosten, die durch die Decke gehen? Zweitens: Über den Venues schwebt das Damoklesschwert von Verboten – sollte Energie tatsächlich im Winter knapp werden, sind behördliche Schließungen nicht auszuschließen (absichtsvoll gedoppelte Wortwahl). Was das für die angeschlagene Konzertszene bedeuten würde, brauche ich nicht zu betonen…
Und dann kommt da diese neue gesetzliche Regelung, die die an Weisheit kaum zu übertreffende, großartige Bundesregierung soeben verabschiedet hat: Die neue Version des Infektionsschutzgesetzes. Wirklich nichts gegen Maskentragen im Fernverkehr und bitte bundesweit auch im ÖPNV. Und wenn es nötig sein sollte, auch FFP2-Masken in bestuhlten Konzerthäusern und Theatern – so oder so sinnvoll, ob freiwillig oder nach Vorschrift.
Dann aber die hanebüchene Regelung, dass die Bundesländer eine Maskenpflicht in Innenräumen anordnen können, aber in Kultur- und Sportstätten zwingend (!) eine Befreiung davon zulassen müssen für all jene, die ein aktuelles negatives Testergebnis vorweisen können. Über so viel Weltfremdheit und Realitätsverweigerung kann man nur staunen. Wie stellen sich die Herren Buschmann und Lauterbach das in der Praxis bitteschön vor? Gesetzt den Fall, es gibt wieder Maskenpflicht in der Kultur, und dann gibt’s diese zwingende Ausnahmeregelung – soll dann die Security durch die Hallen oder die Clubs streifen und sich von all denen, die keine Maske tragen, ein Testergebnis zeigen lassen?!? Sorry, viel dümmer geht’s nimmer.
Mal abgesehen davon, dass Stehkonzerte im Rock- und Popbereich oder gar Tanzveranstaltungen in Clubs mit Maske schlicht unsinnig sind und nicht funktionieren. Es würde dafür ja eine gute Lösung geben, nämlich, zum hundertsten Mal sei’s gesagt: PCR-Tests für alle! Statt der fragwürdigen und fehlerhaften Schnelltests können PCR-Tests rasch und effektiv und kostengünstig durchgeführt werden, wie die Clubs und ihre Interessenvertretungen längst nachgewiesen haben. Und Wiener Veranstalter lachen sich sowieso schon lange halbtot über die deutsche Politik und ihre PCR-Test-Verweigerungshaltung, und erst recht über die Behauptung, PCR-Tests seien zu teuer. Nein, PCR-Tests ließen sich zu dem Preis durchführen, den hierzulande aktuell die unsicheren Schnelltests kosten – wenn man es nur politisch wollen würde. Allerdings, die hiesigen Labore wollen weiter dicke Profite machen, und so wird der Preis für PCR-Tests in Deutschland künstlich hochgehalten.
Das wird wieder ein Spaß im kommenden Corona-Herbst und Winter!