05.04.2008

Und Ansonsten 2008-04-05

Ein
Prospekt des Berliner "KaDeWe", "Shopping: Pretty Cool Rebell
Chic" steht in der ersten Zeile, und darunter: "Pop Accessories Punk
Meets Denim". Punk meets Denim! Oh yeah! Auf der zweiten Seite stützt sich
eine Blondine auf eine Gitarre, und unter der Überschrift "Punk
Power" darf man erfahren: "Punk
hat Energie, reine Energie". Mimi Müller-Westernhagen, die Tochter von
Marius Müller-Westernhagen ist begeistert von ihrer Musik."Es ist das, was
wir gerade fühlen". Die 22-jährige Sängerin mischt derzeit mit ihrer
Punkband "Battlecat" die Londoner Clubszene auf und steht für ihr
erstes Album im Studio. Auf den folgenden Seiten ist sie zur Präsentation der
Young Fashion und Denim-Mode Frühjahr/Sommer 2008 exklusiv in die Rolle des
Models geschlüpft. Die Power ihrer Musik spürte man auch beim Shooting. Das
Ergebnis: Wild und kraftvoll kommt die zierliche Sängerin herüber. In
stylischen Outfits, die passend dazu lässig, individuell und sehr authentisch
sind."
So individuell, wie eben Sachen sind, die mit Hochglanzprospekten von KaDeWe
angeboten werden - aber man weiß ja, schon immer haben Punks bevorzugt
"stylisch" ausgesehen und im Kaufhaus des Westens eingekauft.
Ein Gürtel dieser "Punk Power"-Kollektion kostet 309 Euro, eine Jacke
409 Euro, ein Shirt auch mal 379 Euro, ein Lack-Trenchcoat 749 Euro, eine
Tasche 149 Euro, und die Jungs, die sich als namenlose Models neben der
"wilden und kraftvollen" Sängerin präsentieren, zeigen sich im Look
des Sängers der "Babyshambles", denn das ist Mode heutzutage.
"Es ist das, was wir gerade fühlen", ganz klar. Warum man den
elitären Scheiß aber ausgerechnet unter dem Signet "Punk" verkaufen
muß, ist etwa so logisch, wie wenn der Volkswagen-Konzern Songs von Nick Drake
für seine TV-Spots nutzt.

* * *

Das war der Presse dann nach all den Jahren, die man Sabine Christiansen auf
dem Fernsehschirm ertragen mußte, falls man nicht rechtzeitig nach dem
"Tatort" zum Beispiel den Aus-Knopf der Fernbedienung erreichte, eine
Meldung wert: "Sabine Christiansen macht PR für Daimler". Na, das
hätte ich ihnen auch nach 15 Minuten ihrer Talkshow sagen können, daß die Dame
für den Kotau mit der Industrie steht, so what?

* * *

Ein unangenehmer und unerfreulicher Quatschkopf ist der Dampfplauderer Jörg
Thadeusz, den von Herrn Kerner nur unterscheidet, daß er erfreulicherweise
deutlich seltener auf der Mattscheibe zu sehen ist. Richtig eklig war dann
allerdings seine Fernsehsendung mit der Juso-Vorsitzenden Franziska Drohsel,
die durch ihre Unterstützung der "Roten Hilfe" ja nicht grade völlig
unangenehm aufgefallen war. Auch in dem TV-Gespräch mit dem eitlen Thadeusz
schlug sich Frau Drohsel wacker. Was dazu führte, daß der Gastgeber zum
Abschied im TV sagte, er stimme mit keiner, aber auch wirklich keiner Aussage
von Frau Drohsel überein. "Ich lade gern mir Gäste ein"? Aber junge
Linke nur zum Desavovieren, so viel Mut hätten Typen wie Thadeusz oder Kerner
bei keinem Konservativen, bei keinem Kapitalisten, und genau das beschreibt
ihre Rolle als öffentlich-rechtliche Handlanger eben am besten. Zu einer
eigenen Meinung, zu einer Haltung gar hats eben nicht gereicht, also bleiben
sie seicht, bleiben sie öffentlich-rechtlich…

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"An einem gewissen
Punkt müssen Sie wählen zwischen der natürlichen Stabilität des Goldes und der
Ehrlichkeit und Intelligenz der Regierung. Bei allem Respekt für diese Herren
empfehle ich Ihnen, solange das kapitalistische System besteht, sich für Gold
zu entscheiden."
George Bernard Shaw, 1928

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Irgendwie ist Ostern zu einem Auferstehungsgeschäft für die
Schokoladenindustrie geworden. Ein Nougatei für 50
Cent. Boah.

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"We have a strong
dollar policy, and it's important for the world to know that. And if people
would look at the strength of our economy, they'd realize why I believe that
the dollar will be stronger." US-Präsident George W. Bush,
November 2007
Now we know that…

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"Drama is more
entertaining than resolution." Stephin Merritt
(wir arbeiten immer noch an einigen Shows von The Magnetic Fields…)

* * *

Auf einem Großplakat in einer U-Bahn-Station in Berlin: "Jürgen von der
Lippe - das Beste aus 30 Jahren", also eine sagen wir etwa zehn oder
fünfzehn Minuten dauernde Show… aber dann ein großer Aufkleber:
"Zusatzwoche 4.3. - 16.3.2008".
Seine Shows sind kurz, aber die Woche hat bei Jürgen von der Lippe zwölf Tage…

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"Es spricht vieles
dafür, daß das Klima in unserer Gesellschaft insgesamt rauher geworden ist und
mehr Gewalt eingesetzt wird - allerdings nicht nur bei Jugendlichen, sondern
vor allem bei Erwachsenen. Die "Ellbogenmentalität" wird in allen
gesellschaftlichen Schichten nicht mehr geächtet, sondern ist Grundlage fast
jeglichen Handelns - und wer sich anders verhält, wird belächelt oder als
"Gutmensch" verhöhnt."
Der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes im "Stern"

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Großes Kino war der sogenannte "Empfang" der PopKomm auf der
texanischen Musikmesse SXSW. Nicht nur, daß praktisch niemand von dem vorab in
deutschen Branchenmagazinen großspurig angekündigten Empfang zu wissen schien
und der Besuch im Hinterhof eines Clubs entsprechend mager war, nicht nur, daß
Ambiente und Betreuung der Gäste so ziemlich das Schwächste war, was einem in
fünf Tagen SXSW passieren konnte - als besonders grandios wurde von den wenigen
Anwesenden die Tatsache empfunden, daß von der Bühne im Hinterhof quasi während
des gesamten anderthalbstündigen Empfangs der Soundcheck einer norwegischen
Metal-Band dröhnte und jegliche Kommunikation verunmöglichte. Man kann nur froh
sein, daß, wenn die PopKomm ruft, keine ausländischen Gäste kommen und die
peinliche Veranstaltung quasi unter dem Ausschluß der Öffentlichkeit stattfand.

PopKomm? Nein.

* * *

Bundesarbeitsminister Scholz (SPD) verlangt von der Wirtschaft, Praktikanten
"angemessen" zu bezahlen. Was er damit meint, zeigt er in seinem
eigenen Ministerium: Dort heißt es laut "Spiegel" in einer internen
Richtlinie: "Bitte
beachten Sie, daß Praktika nicht vergütet werden." Dies gilt
scheinbar übrigens für alle Bundesministerien, Ausnahme: Beim
Entwicklungshilfeministerium erhalten Praktikanten sage und schreibe 100 (!)
Euro brutto (!) im Monat.
Ist halt immer leicht, irgendwelche Forderungen rauszuquaken, aber daß
Politiker das sogar wagen, wenn sie selbst eher Ausbeuter von Arbeitskraft
spielen, ist dann schon ein starkes Stück.

* * *

Da freut es unsereinen dann doch gleich noch mehr, daß das
Bundesverfassungsgericht einer Beschwerde von etwa 30.000 Bürgern (inklusive
dem Besitzer dieser Agentur) stattgegeben und das Gesetz zur massenhaften
Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten teilweise außer Kraft
gesetzt hat. "Karlsruhe
stoppt ausufernde Überwachung", titelte die "SZ".

* * *

Bis zum 20.2.2008 las man bei Wikipedia zum Thema Kosovo u.a.:
"Bei einem Besuch der
deutschen KFOR-Soldaten im Feldlager Prizren am 15.7.2005 erteilte die
CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel einer Loslösung des Kosovo von Serbien eine
klare Absage. Bei den Statusverhandlungen müßten in jedem Fall die Interessen
Belgrads Berücksichtigung finden."
Am 21.2.2008 war dieser Eintrag nicht mehr zu finden.
So wird Politik gemacht. So funktioniert Wikipedia.
(zitiert lt. "Ossietzky", danke B.&J. für den Hinweis!)

* * *

"Opportunismus ist zum
Kotzen, aber er ist kein Monopol der Politiker."
Helmut Schmidt

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"Es geht etwas vor in
Deutschland. Als ein Außenseiter, der ab und zu herkommt, sehe ich, daß etwas
im deutschen Volk vorgeht, das neu und frisch ist."
Wer hats gesagt? Nein, nicht wie ihr denkt - der Bono wars von den U2. Und
schwupps, wurde Bono von Peter Struck, dem Vorsitzenden der
SPD-Bundestagsfraktion, empfangen. Laut "Spiegel" mußten seine
Berater Struck (über Bono: "wer kennt den denn? Ich jedenfalls nicht, mir
wäre Harry Belafonte lieber") zu Bono's Besuch überreden. Schließlich
bekam der Popstar einen Ehrenplatz bei der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion
und durfte sogar die Glocke des Fraktionsvorsitzenden läuten.
Und so ein Bild freut unsereinen dann doch wieder sehr: Bono als der Kurt Beck
der Popmusik!

* * *

"Beobachter auf den
Dächern, die U-Bahn-Stationen geschlossen, der Platz des Himmlischen Friedens
abgeriegelt - der Empfang für das olympische Feuer in Peking verlief unter
schärfsten Sicherheitsvorkehrungen. Sinn der dramatischen Inszenierung:
ungebetene Besucher fernzuhalten", raunt "Spiegel
online" - ein ungewöhnliches Bild - hierzulande hätte man natürlich unter
keinen Umständen bei derartigem Anlaß Sicherheitskräfte auf den Dächern
postiert oder schärfste Sicherheitsvorkehrungen getroffen, nein, hierzulande
wären Kanzlerin und Bundespräsident und sogar Kurt Beck ganz locker mitten in
Millionen von Berlinern hinter dem olympischen Feuer hergeschlendert - man
kennt ja die Leichtigkeit des Vorgehens hiesiger Behörden etwa bei
Veranstaltungen wie dem G8-Gipfel…
Aber so ist das eben mit den gleichgeschalteten hiesigen Medien - da wird mal
eben rumposaunt, und solange es gegen China geht, ist alles recht.
Nachrichtensendungen in TV sowie Zeitungen fälschen Bilder, und die der
Sympathie für China sicher unverdächtige FAZ muß feststellen: "Westliche Augenzeugen stimmen
darin überein, daß die chinesische Polizei zunächst kaum oder halbherzig
eingriff - ein etwas rätselhafter Umstand", schreibt die
"FAZ". Und: "Die
Website von CNN etwa veröffentlichte von einem Bild, das Jugendliche beim
Steinewerfen auf Militärlastwagen zeigte, nur einen Ausschnitt, in dem die
Steinewerfer verschwunden waren und man nur noch einen Mann sieht, der vor
einem Militärlastwagen davonzulaufen scheint. Deutsche Fernsehsender und
Zeitungen nahmen kurzerhand Fotos von nepalesischen Polizisten, die rüde mit
tibetischen Demonstranten umgingen - wer will da schon so genau
unterscheiden."
Nun gut, war "nur" im Feuilleton der Zeitung.
Aber die ebenfalls kommunistischer Umtriebe relativ unverdächtige "Neue
Zürcher Zeitung" schreibt gar im Leitartikel auf Seite 1 ihrer Ausgabe vom
29.3.2008: "Auch die
öffentliche Wahrnehmung der Ereignisse in Lhasa und an anderen Orten der Region
ist verzerrt. Ein Blutbad der Chinesen (hübsch doppeldeutige Formulierung! BS)
wurde geradezu vorweggenommen. Dabei deuten alle Berichte von einigermaßen
neutralen Augenzeugen darauf hin, daß sich Polizei und Militär in der
tibetischen Hauptstadt dieses Mal zurückgehalten haben und ihre chinesischen
Landsleute teilweise ungeschützt der brutalen Gewalt der entfesselten Tibeter
überließen."
Aber hierzulande kann natürlich nicht sein, was nicht sein darf. Und so
verbünden sich bestimmte Medien, die bestimmte Interessen verfolgen, mit all
denen, die in ihrem Leben einen Papst brauchen, den in Rom jedoch zu bieder
finden und den Dalai Lama als "Ratzinger light" verehren. Da kommt
noch was auf uns zu die nächsten Monate, Wort!