04.09.2015

Gorny & Gabriel - Chef-Lobbyist sitzt im Wirtschaftsministerium

Schon interessant, daß die komplette eingebettete Musikpresse, die doch
sonst grundsätzlich über jeden Pups, den der Cheflobbyist der deutschen
Musikindustrie irgendwo fahren läßt, aufgeregt und ausführlichst zu berichten
weiß, in der Woche, da der „Spiegel“ groß über Dieter Gorny schreibt, dies
geflissentlich übersieht. Nun ja, ist auch nichts wirklich Schönes, was der
„Spiegel“ da über Gorny und Gabriel kundtut und darüber, wie der eine Plum den anderen Plum zu
seinem Regierungs-„Beauftragten für Kreative und Digitale Ökonomie“ gemacht
hat:

„Ein Cheflobbyist mit Regierungsposten, das ist ein Tabubruch im
Hauptstadtbetrieb – und für jeden Interessenvertreter ein schöner Traum“, weiß
der „Spiegel“. Allerdings sieht es wohl so aus, daß Gorny sich seinen
Ministeriumsposten quasi selbst verschafft hat. „Wichtige Teile seines Vertrags
stammen aus eigener Feder“, ergibt sich aus der Auswertung von E-Mails aus dem
Bundeswirtschaftsministerium. Demzufolge schickte der „zuständige
Referatsleiter kurz nach einem Besuch des Lobbyisten im Minsietrium eine Mail
an seine Kollegen. Die Hausleitung habe darum gebeten, einen Ministerbrief an
Gorny zu entwerfen. Mit dem Schreiben solle Gorny zum Beauftragten bestellt
werden. (...) Die Berufung stehe ‚in engem Zusammenhang’ mit einer Konferenz
zur Kreativwirtschaft, die Gorny gegenüber Gabriel ‚angeregt’ habe und die ‚in
enger Abstimmung mit ihm’ durchgeführt werden sollte.“Und weiter heißt es im „Spiegel“: „Das Ministerium bat Gorny sogar, sein
Aufgabenprofil selbst zu entwerfen.“ Dem kam Gorny flugs nach, und wer das
Dokument neben den finalen Vertrag lege, stelle etliche Parallelen fest. „So
wurde etwa Gornys Wunsch erhört, daß er in Zukunft die Kreativwirtschaft besser
mit den ‚Förderstrukturen’ des Ministeriums verknüpfen soll. Daß Gorny bei der
‚Entwicklung geeigneter Diskursplattformen’ oder der Vermittlung der Themen ‚in
den parlamentarischen Raum’ mithelfen soll“, geht ebenfalls auf Gornys
Eigeninitiative zurück.

Grünen-Politiker Malte Spitz fordert das, was jeder klar denkende Mensch
fordern muß, nämlich, daß Gabriel die Berufung seines Parteifreundes
zurücknehmen müsse: „Ein Lobbyist, der als Beauftragter des Bundes sein eigenes
Aufgabenprofil schreibt und so massiv eigene Interessen bei der Förderpolitik
des Bundes verfolgt, ist unhaltbar“, wird der Grünen-Politiker im „Spiegel“
zitiert.

Alles kein Thema für die Branchenmagazine der Musikindustrie?!?

Interessant ist übrigens, daß aus dem Wirtschaftsministerium heraus
ohnehin an der Kompetenz Gornys gezweifelt wird: Laut „Spiegel“ „zweifelten
Beamte ‚fachlich (!)’ am Mehrwert des neuen Mitarbeiters, wie es in den
internen Mails heißt. Der Leiter des Referats OC4 wollte nicht erkennen, warum
die Aufgaben von Gorny nicht auch vom Stammpersonal erledigt werden können.“
Ja, warum eigentlich nicht? Weil der sozialdemokratische Wirtschaftsminister
unbedingt seinem Parteifreund einen Regierungsjob zuschustern wollte, der diesem
Einfluß und wichtige interne Informationen verschafft. So dreist haben nicht
einmal je die berüchtigsten FDP-Minister
den Lobbyverbänden Einblicke und Posten in ihren Ministerien verschafft. „Die
Informationen, die über seinen Schreibtisch laufen, sind unbezahlbar. Demnächst
steht eine Reform des Urheberrechts an. (...) Da kann es nur helfen, einen Spitzenvertreter
beim Wirtschaftsminister zu platzieren.“Stellen Sie sich mal vor, der Cheflobbyist der deutschen Atomindustrie würde im Wirtschaftsministerium sitzen als "Beauftragter für Energiepolitik", seinen Vertrag hätte der Atomlobbyist selbst formuliert, und als erstes würde der Atomlobbyist frech eine Konferenz über die Atomwirtschaft organisieren und all seine Kumpel aus den Atomkonzernen einladen...Ach ja: Die von Gorny gewünschte Konferenz findet am 18.9. auf Einladung
des Wirtschaftsministeriums in Berlin statt. Die Liste der Protagonisten dieser
Konferenz wirken wie ein vom Bundesverband der Musikindustrie handverlesenes
Insidergremium. Mission accomplished.