03.01.2016

Kirchen dominieren Alltag

Trotz
schwindender Verankerung in der Gesellschaft beeinflussen die Kirchen nicht nur
mit ihrem Sakro-Pop viele Bereiche unseres Lebensalltags maßgeblich, wie jüngst
eine Studie „Kirchenrepublik Deutschland“ bewiesen hat. Ingrid Matthäus Meier
(ehemalige FDP- und SPD-Spitzenpolitikerin und Beiratsmitglied der
Giordano-Bruno-Stiftung, die diese Studie mit in Auftrag gegeben hat) dazu im
Interview mit der „Jungen Welt“:„Die Machtstellung der Kirchen ist
vor allem auf umfangreiche Lobbyarbeit zurückzuführen. (...) Keine Organisation
und kein Wirtschaftsunternehmen setzt mehr Personal dafür ein, auf die Politik
einzuwirken, als die beiden großen Kirchen, obgleich sie ins sogenannte
Lobbyistenregister nicht eingetragen sind. Sie bestreiten das und behaupten,
eine öffentliche Körperschaft zu sein, keine kommerziellen Interessen zu
vertreten. Was lächerlich ist. Die Kirchensteuer und ihr riesiges Grundvermögen
– nach dem Staat sind sie der zweitgrößte Grundbesitzer in Deutschland –
zeigen: Katholiken und Protestanten mischen sich ein. Meist, bevor eine
Entscheidung in die politische Diskussion kommt: nahezu geräuschlos, aber
ständig und vehement in Vorgesprächen, Arbeitskreisen zu Staat und Kirche,
Gebetsfrühstücken. Sie laden Professoren ein, sind Beichtvater vieler
Abgeordneter, hören Dinge, die andere nicht wissen können. Sie werden von der
Ministerialbürokratie informiert, können schnell reagieren. (...) In unserer
Verfassung steht, es gibt keine Staatskirche. Tatsächlich haben wir bereits
zwei. Die beiden großen Kirchen bemühen sich, den Islam hinzuzugewinnen. Sie
meinen offenbar, Privilegien besser verteidigen zu können, wenn sie zu dritt
sind.“