20.07.2014
Tisa Geheimverhandlungen
Seit geraumer Zeit sind die verschiedenen sogenannte „Freihandelsabkommen“, die zwischen der EU und den USA derzeit verhandelt werden, Teil der öffentlichen Diskussion und von Kampagnen. Das Abkommen über die Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes, das „Trade in Services Agreement“ (TISA), ist dagegen bisher kaum beachtet worden – kein Wunder, denn die Verhandlungen finden grundsätzlich, wie es in unseren postdemokratischen Strukturen mittlerweile schlechter Brauch ist, hinter verschlossenen Türen, unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Es sind Geheimverhandlungen, die da zwischen der EU, den USA und 21 weiteren Ländern stattfinden. Es geht um die systematische Einschränkung von Arbeitnehmerrechten, um die umfassende Privatisierung des Dienstleistungssektors – ein „Zurückholen“ einmal privatisierter öffentlicher Dienstleistungen soll danach für alle Zeiten ausgeschlossen werden, öffentliche Betriebe können, wenn Tisa kommt, „nie mehr in kommunale Hände zurückgeführt werden. Privatisierung wird dann zum Ewigkeitsbeschluß“, so die neuseeländische Wirtschaftsjuristin Jane Kelsey in der „Berliner Zeitung“.
Es geht aber auch darum, daß, wie Dokumente zeigen, die Wikileaks jüngst ins Netz gestellt hat, eine weitgehend uneingeschränkte Übermittlung privater Kontodaten unter allen Tisa-Staaten ermöglicht werden soll – also eine Beerdigung des europäischen Datenschutzes. Öffentliche Aufgaben, vom Betrieb eines Schwimmbades bis zur Stromversorgung, müssen ausgeschrieben und den privaten Unternehmen zugänglich gemacht werden. Die Investoren sollen grundsätzlich eigene Arbeitskräfte „mitbringen dürfen, um die jeweiligen Dienstleistungen möglich kosteneffizient erbringen zu können“ (Telepolis), und diese Arbeitskräfte unterliegen dann nicht mehr den im Ausschreibungsland geltenden Arbeitnehmerrechten – ein investorenfreundliches System des „hire and fire“, das in den USA lange schon üblich ist.
Selbst die deutschen Sparkassen würden von Tisa in ernsthafte Probleme gestürzt werden – bisher haben sie hierzulande als öffentlich-rechtliche Anstalten die Pflicht, Gewinne ins Gemeinwohl zu investieren. Tisa will jedoch das Gegenteil, derartige Unternehmen sollen privatisiert werden, dafür will man „den Vertrieb von Versicherungs- und Finanzprodukten deregulieren, die für den Ausbruch der Weltfinanzkrise mit verantwortlich waren“ („Berliner Zeitung“). Wie immer, wenn es um Privatisierung geht, gelten die gleichen Regeln: die Gewinne werden privatisiert, die Risiken dagegen vergesellschaftet.
Der Vertragstext des Tisa-Abkommens (an dem sich z.B. China, Indien oder Brasilien nicht beteiligen) bleibt so geheim wie die Verhandlungen. Der Vertragstext soll erst fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten veröffentlicht werden. Die demokratische Kontrolle der Verhandlungen, die unser Leben nachhaltig bestimmen werden, bleibt ausgehebelt.