01.04.2019

Habemus EU-Urheberrechts-Richtlinie!

Nun gibt es also das neue EU-Urheberrecht. Wir dürfen uns über Uploadfilter freuen (die, das haben wir in der Debatte gelernt, gar niemand fordert, denn das Wort kommt in dem verabschiedeten Gesetz ja nicht vor… ich glaube, es war Sascha Lobo, der das mit jemandem verglichen hat, der fordert, daß einer in acht Stunden von Berlin nach New York reisen soll – daß das mit einem Flugzeug geschehen solle, werde ausdrücklich nicht gesagt, aber jedem ist klar, daß es gemeint ist, weil es eben nur so machbar ist (man kann es auch sehr präzise in den Worten des CDU-MdEP Voss sagen: „Das muß höchstwahrscheinlich dann auch technologisch oder mit Technik irgendwie dann auch versehen werden...“).

Wir haben auch gelernt, daß CDUCSU gegen Uploadfilter sind (Markus Söder hat am 22.3.2019 getwittert: „Wir brauchen keinen Uploadfilter in Deutschland. Wir wollen dies bei der nationalen Umsetzung der EU-Urheberrechtslinie sicherstellen und Meinungsvielfalt, Urheberschutz und Rechtssicherheit zusammenbringen.“ Kein Aprilscherz!) und deswegen im Europaparlament geschlossen für Uploadfilter gestimmt haben (also: „Mein Ja war ein Nein“, wie seinerzeit legendär die Grünen-MdB Antje Volmer erklärt hat, nachdem sie für den Kriegseinsatz der Bundeswehr gestimmt hatte, es aber nicht so gemeint haben wollte).

Lustig auch die Bundesjustizministerin und Europawahl-Spitzenkandidatin der SPD, Katarina „Politik ist nicht wie ein Pizza-Taxi“ Barley, die im WDR meinte: „Mir sind keine anderen technischen Maßnahmen bekannt, mit denen man Lizenzverstöße verhindern kann. Insofern läuft es auf Upload-Filter hinaus“, die in Brüssel für die Bundesregierung an der EU-Urheberrechtslinie aktiv mitgearbeitet und sie verabschiedet hat, und die nun zusammen mit ihrer EsPeDe einen Anti-Uploadfilter-Europawahlkampf führen möchte. Wann immer man denkt, Politiker*innen könnten nicht mehr unglaubwürdiger werden, tapst ein*e Politiker*in in den nach unten anscheinend unbegrenzt offenen Unglaubwürdigkeitsbrunnen – es ist wie immer, nur schlimmer (gut finde ich übrigens auch allein schon das „Pizza-Taxi“, kennen wir ja alle, daß die Pizzen üblicherweise von Taxis geliefert werden, business as usual, zumindest in der Politiker*innen-Welt...).

Drollig waren auch die Vorwürfe all der von Axel Springer bis zur Musikindustrie mit Unsummen finanzierten Lobbyorganisationen, die der Gegenseite „Lobbyismus“ vorwarfen.
Am Rande: ich denke da auch gerne an den Hobby-Europaabgeordneten Elmar Brok von der CDU, der viele Jahre während seiner Tätigkeit als Abgeordneter des Europaparlaments parallel für den Bertelsmann-Medienkonzern gearbeitet und dafür bis 2014 nach eigenen Angaben jahrelang zwischen 5.000 und 10.000 Euro monatlich von Bertelsmann erhalten hat. Brok war mit der politischen Gestaltung des Urheberrechts befaßt, was Parteienrechtler Hans-Herbert von Arnim „legale Korruption“ nannte, wie Sascha Lobo auf „SPON“ schrieb. Daß ausgerechnet jemand wie dieser „legal korrumpierte“ CDU-Abgeordnete vor der Abstimmung eine „massive und von Algorithmen gesteuerte Kampagne der Internetkonzerne“ konstatiert hat, ist schon mehr als ein Bubenstück. Und da haben wir noch gar nicht von den Sponsoren des CDU-Parteitages geredet.
Den eigenen Parteitag an zig Sponsoren verscherbeln, aber protestierende Bürger*innen als „gekaufte Demonstranten“ verunglimpfen...
Aber die Hunderttausende Demonstranten waren ja sowieso allesamt wahlweise Bots oder Mob, auch das haben wir von den Politiker*innen in den letzten Wochen erfahren.

Während sich die Abgeordneten völlig frei für die Urheberrechtsreform entschieden haben... ähem... nun ja, fast... irgendwie... vielleicht... oder wie darf man es verstehen, daß MdEP Axel Voss (CDU) auf einer Pressekonferenz bestätigt hat, „daß Presseverlage mit schlechter Wahlbereichterstattung gedroht haben“, falls die Urheberrechtsreform nicht beschlossen werde (laut MdEP Julia Reda).