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Blog Archiv - Jahr %1
18.12.2016

Teures deutsches Internet erschwert Streaming und schadet Künstlern und der Musikindustrie

Was dem Streaming (und somit indirekt auch der Musikindustrie) massiv schadet, sind jedenfalls teure Internetkosten. Der mobile Datenverkehr ist das Rückgrat der Zukunftswirtschaft, könnte man sagen. Und was fällt uns auf? In Deutschland sind die normalen Smartphone- oder Tablet-Tarife wesentlich teurer als anderswo. Gleichzeitig drosseln hierzulande die Anbieter das Tempo des Datenverkehrs bereits nach wenigen Gigabytes.
Im „Handelsblatt“ gab es am 13.12.2016 eine interessante Übersicht:
Danach kostet der billigste Tablet-Tarif (10 GB Datenvolumen pro Monat) kaufkraftbereinigt in Dänemark 10,10 €, in Finnland 12,00 €, in Österreich 13,80 €, im EU-Durchschnitt 26,70 € - und in Deutschland sage und schreibe 38,40 €!
Noch drastischer fällt der Vergleich bei den Smartphone-Tarifen aus (jeweils inkl. 2 GB Datenvolumen, ebenfalls kaufkraftbereinigt): In Österreich kostet das 24 €, in Dänemark 27 €, in Finnland 29,20 €, in Großbritannien 30,50 €, im EU-Durchschnitt 49,90 €, und in Deutschland am meisten, nämlich 51,60 €.
Und wieviele schnelle Gigabytes gibt es beim Smartphone für 30 Euro? In Dänemark und Finnland unbegrenzt viele, in Frankreich 50 GB, in Großbritannien 30 GB, in Ösgterreich 20, und in Deutschland nur 6 GB.
Und wie schnell ist unser Internet? In den USA beträgt die Verfügbarkeit von schnellen LTE-Daten-Verbindungen 81%, in Finnland 75%, in Dänemark 70%, in Österreich 66%, hierzulande dagegen gerade einmal 56%. Wir haben Bummel-Internet.

Und was ist der Grund für die hohen deutschen Preise? Das „Handelsblatt“ hat die Antwort: „Im größten Land der EU gibt es nur noch drei Netzanbieter – und damit wenig Wettbewerb.“

Fakt ist: Das teure Internet und die immens hohen Datentarife für Smartphones und Tablets schaden den Musiker*innen, die vom Streaming profitieren können (siehe die skandinavischen Länder!), sondern sie schaden auch den Nutzer*innen, die unverhältnismäßig hohe Kosten zu blechen haben.
Wie wäre es, wenn die Digital-Charta-Leute, unter denen ja nicht wenige Politiker sind, sich erstmal um die Realität der Behinderung der Internetnutzung hierzulande kümmern würden, bevor sie zum Kampf gegen das Silicon Valley aufrufen? Das wär doch mal was: Ein Staat, der sich zum Kämpfer für seine Bürger*innen macht, der uns günstiges Internet verschafft!

18.12.2016

Er sah noch eine halbe Nacht lang fern...

Soweit ist es gekommen.
Selbst das deutsche Staatsfernsehen, an unterirdischem Unterhaltungsschmuh so reich wie die Wüste an Sand, mag sich die jährliche Lobbyveranstaltung des Bundesverbandes der Musikindustrie, die Echo-Preisverleihung, nicht länger antun – im kommenden Jahr wandert die Lobby-Show zum Privatsender „Vox“.
Peter Hacks meinte dazu: „Er sah noch eine halbe Nacht lang fern, / Jeden Kanal, und starb dann äußerst gern.“

18.12.2016

Alle Menschen sind gleich!

Es wäre sicher unfair, den SPD-Vorsitzenden Sigmar „Siggi Pop“ Gabriel alleine für die katastrophalen Wahl- und Umfrageergebnisse seiner Partei verantwortlich zu machen. Aber einen gehörigen Anteil daran hat er schon. Etwa durch Ausfälle wie seinen jüngsten Vorstoß, daß nicht hier lebende Kinder von EU-Ausländer*innen, die in Deutschland arbeiten, nicht das volle deutsche Kindergeld bekommen sollten, sondern nur so viel wie in ihrem Heimatland.

Mal jenseits der Tatsache, daß Gabriels Vorstoß reiner Populismus im AfD-Stil ist und gegen EU-Recht verstößt und mithin keinerlei Aussicht auf Realisierung hat – was daran besonders mies ist, ist, wie der SPD-Vorsitzende zur Entsolidarisierung der Menschen beiträgt. Das ist im Ergebnis nicht anders als die Brexit-Politik bestimmter britischer Politiker – die Grundlage Europas, nämlich die Gleichheit aller Menschen, stellt ausgerechnet der SPD-Vorsitzende in Frage – während es seinen Vorgängern noch eine Selbstverständlichkeit war, daß Gleichheit „soziale“ Gleichheit bedeutet hat (und früher brachten Sozialdemokraten auch noch ein gewisses Maß an Empathie und Solidarität mit den Schwachen auf, Eigenschaften, an denen es Gabriel mangelt und die er durch blanken Populismus ersetzt hat).
Vielleicht darf man Herrn Gabriel daran erinnern, daß das Grundgesetz explizit davon spricht, daß vor dem Gesetz „alle Menschen“ gleich sind – nicht etwa nur „alle Deutschen“. Aber klar, was schert einen Herrn Gabriel schon das Grundgesetz oder die Europäische Verfassung...

18.12.2016

Furchtbare Juristen

Laut einer Studie von Prof. Franz Streng von der Uni Erlangen sind 31,9 Prozent der deutschen Jurastudent*innen für die Todesstrafe. Das werden mal schöne furchtbare Jurist*innen...

12.11.2016

R.I.P. Leonard Cohen!

R.I.P., Leonard Cohen!
Was für ein trauriges Jahr.
Ich erinnere, wie wir 1974 in der ("illegalen") Raucherecke am Viscardi-Gymnasium in Fürstenfeldbruck standen, und es war ein etwas dicklicher neuer Schüler, der aus einem Ostblock-Land kam (ich glaube mich zu erinnern, daß es Polen war), und der eine überraschende Wirkung auf die interessanten Mädchen unseres Jahrgangs hatte - und er war es, der das Album "Songs From A Room" aufbrachte, und "Bird On The Wire" wurde unsere Hymne für einige Monate - und ganz besonders die Hymne der coolen Mädchen. Denn es war klar: Leonard Cohen, das war einer, den auch wir Jungs verehrten, dessen "In My Way I Tried To Be Free" uns die Welt bedeutete, den die Mädchen und jungen Frauen aber liebten. Und es drangen "Suzanne", "So Long, Marianne", "Hey, That's No Way To Say Goodbye" (den nicht wenige damals bei Gelegenheit erster Trennungen verwendeten, sei es als Aussage, sei es als Trost...) oder "Famous Blue Raincoat" in unsere Welt ein mit einer ungeheuren Dringlichkeit und Intensität, und sie hörten nie mehr auf, Teil unseres Lebens zu sein.
Später dann das große "Who By Fire" und das ebenso große "First We Take Manhattan"... und auch auf seinen späten Alben finden sich Songperlen, die die meisten Singer/Songwriter gerne geschrieben hätten, "Alexandra Leaving" etwa oder "Nevermind". Und den "Partisan"-Song habe ich erst spät für mich entdeckt, dank David Eugene Edwards und seinen 16 Horsepower.
"Singer/Songwriter"? Leonard Cohen war ein Dichter, ein Poet. Irgendjemand hatte Cohen geraten, Melodien zu seinen Gedichten zu schreiben, und so geschah es. Seine Lyrikbände "Blumen für Hitler" (1972) und "Wem sonst als dir" (1985) wurden hierzulande übrigens beim legendären März-Verlag von Jörg Schröder verlegt.

Interessant ist, daß kein einziger Nachruf in den deutschsprachigen Tageszeitungen, den ich gelesen habe, auskommt ohne den Verweis auf die US-Präsidentschaftswahlen – während andrerseits kein einziger dieser Nachrufe darüber berichtet, daß Leonard Cohen im Oktober 1973, als die arabische Welt versuchte, Israel von der Landkarte auszuradieren, von der ägäischen Insel Hydra, auf der er damals lebte, nach Tel Aviv gereist war, um als Jude dem Staat Israel zu unterstützen. Während des dreiwöchigen Krieges gab Leonard Cohen täglich bis zu acht Konzerte für die israelischen Truppen, sei es für eine Einheit von Fallschirmspringern auf dem Weg zum Suezkanal, sei es in einem Lazarett für verwundete Soldaten, sei es in einem Loch, in dem einige wenige Soldaten eine Haubitze bedienten.
Eines seiner besten Lieder, „Who By Fire“, hat Leonard Cohen in einer Feuerpause geschrieben, für die Soldaten beider Seiten:

„And may the spirit of this song,
may it rise up, pure and free.
May it be a shield for all of you,
a shield against the enemy.“

Wer von dieser israelischen Truppenbetreuungs-Episode aus der Karriere des Leonard Cohen, der sich damals auf dem ersten Höhepunkt seiner Laufbahn befand, erfahren will, sollte unbedingt den informativen Artikel von Arno Frank im aktuellen Dezember-Heft des Musikexpress lesen (der natürlich nicht als Nachruf geschrieben wurde, aber die meisten veröffentlichten Nachrufe um Längen schlägt).

(auf Spotify habe ich eine Leonard-Cohen-Playlist zusammengestellt)

12.11.2016

Klasse Satz I

Klasse Satz 1:

„Und ich weiß genau (...) daß ich lieber Putzfrau im dreckigsten Asylantenheim im tiefsten Neonazideutschland wäre, als irgendein CSU-Hoffnungsträger, der nicht mehr gelernt hat, als seine Aktentasche sauber zu halten.“
(Franz Dobler auf seinem Blog)

12.11.2016

Stefanie Kloß (Silbermond) und das Geschäft mit der Musik

Natürlich ist das, was die Band Silbermond macht, nicht gerade meine erklärte Lieblingsmusik. Aber unter all den vor auch schon wieder mehr als einem Jahrzehnt von der Musikindustrie mit einem Plattenvertrag versehenen jungen Bands des Modells „selbstbewußte junge Frontfrau plus avancierte Schülerband“ war sie immer die interessanteste und beste. Nun gut, ist eben alles relativ im Leben. Ich hab sie einmal live gesehen, bei der Verleihung des sogenannten „LEA“-Awards der deutschen Konzertbranche in Hamburg, und wenn ich Ihnen erzähle, daß ihr Auftritt der mit Abstand beste des ganzen Rahmenprogramms war, können Sie sich ungefähr das ästhetische Niveau des Abends vorstellen...

Aber: Stefanie Kloß, die Sängerin von Silbermond, scheint eine kluge Frau zu sein. Jedenfalls hat sie der „Süddeutschen Zeitung“ Ende September ein Interview in deren Serie „Reden wir über Geld“ gegeben, und darin sind so viele gute Aussagen enthalten, daß ich richtig Respekt vor Stefanie Kloß bekommen habe. Sie hat das „Geschäft mit der Musik“ offensichtlich weitgehend durchschaut.

Sie äußerst sich kritisch zu Plattenfirmen, die Einfluß auf die Bandzusammenstellung nehmen wollten und Songs durchsetzten, die die Band spielen sollte, wie das halt so ist:
„Aber die Plattenfirmen... na ja. Manche haben gesagt, wir müßten unbedingt noch einen Keyboarder dazunehmen. Andere meinten, das würde irgendwie noch nicht passen, das sei alles nicht gut genug. (...) Wir wollten dann eine ganze Zeit lang mit Plattenfirmen nichts mehr zu tun haben.“

Vor allem erklärt Stefanie Kloß, worauf es ankommt, wenn man wirklich Musik machen und davon vielleicht auch leben will:
„Die Musik war oberste Priorität. Wichtiger als ins Freibad gehen, Freundinnen treffen oder sonst etwas. (...) Das mußt du ja erst mal laut aussprechen: Wir wollen Musik machen und nichts anderes. Ich hatte keinen Plan B. Wenn du einen Plan B hast, wird es sowieso nichts.“
Du mußt wollen, daß es mit deiner Musik etwas wird! Du mußt lernen, an deinen Songs arbeiten, dich als Liveband immer weiter verbessern. Du mußt die Klassiker studieren, dich mit den Arrangements beschäftigen, „ein kreativer Prozeß ist eine Reise zwischen Himmel und Hölle“. Und du mußt spielen spielen spielen: „Wir haben dann eine ganze Zeit lang nur noch Konzerte gespielt. (...) Die Leute merken, ob man etwas ernst meint.“
Aber es gibt natürlich keine Garantie für den Erfolg. „Es ist immer auch viel Glück dabei. Es gibt viele tolle Bands, die schaffen es nie.“ Wie wahr.

Und dann gibt es ein paar Aussagen in diesem Interview, die außergewöhnlich sympathisch sind, gerade in unseren neoliberalen Zeiten. Stefanie Kloß erzählt, daß sie relativ bescheiden zur Miete wohnt, „drei Zimmer, 70 Quadratmeter, das reicht mir“. Hatte sie nie Lust auf Konsumexzess, fragt die „SZ“. „Was braucht man denn unbedingt? Ich mache mir zum Beispiel nichts aus Autos“, und dann erzählt die Künstlerin, daß sie sich „nach den ersten Erfolgen“ eine Lederjacke für 250 Euro gekauft und „auf die Lippe gebissen“ habe.

Und schließlich berichtet Stefanie Kloß, wie die Einnahmen bei Silbermond verteilt werden. Nämlich in vier gleiche Teile, „ist doch logisch. Wir sind eine Band. Ich kann singen, aber tausend andere Sachen nicht. Jeder bringt das in die Band ein, was er einbringen kann. Wir teilen unsere Einnahmen durch vier.“ Alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Aber wie ist das mit Ihrer Gage für die Teilnahme an „The Voice of Germany“, Frau Kloß? „Das haben Sie ja allein gemacht“, fragt die „Süddeutsche“. Und Frau Kloß erteilt uns allen eine kleine Lehrstunde in Kollektivität und Solidarität: „Ich bin ja nicht dort gesessen, weil ich die lustige Stefanie Kloß bin, sondern als Sängerin von Silbermond. Und die Jungs haben in der Zwischenzeit zu Hause an Songs geschraubt, die haben ja auch nicht Urlaub gemacht. Deshalb haben wir natürlich auch diese Gage geteilt. Das ist so bei uns.“

Ganz großen Respekt, Stefanie Kloß!
Und jetzt fange ich an, wieder ein bißchen an das Gute im Musikgeschäft zu glauben.

12.11.2016

Heinz-Rudolf Kunze sin Fru

Heinz Rudolf Kunze lobt seine Frau laut „FAS“ in der „Bunten“ als „unglaublich pflegeleicht und anspruchslos“.

Mal abgesehen davon, daß es nicht besonders liebenswürdig ist, über seine Frau wie über eine robuste Zimmerpflanze zu reden, wie die „FAS“ zurecht anmerkt, und das eher an Gerhard Polt erinnert, wie er weiland in „Fast wia im richtigen Leben“ über die gekaufte Thai-Frau redete („schmutzt nicht...“) – aber daß sie „anspruchslos“ sein muß, ist klar, wie sollte sie es sonst mit Heinz Rudolf Kunze und seiner Musik aushalten?

12.11.2016

Cro kann schlafen!

Noch’n Popstar unserer Tage:
Im Kundenmagazin des einschlägigen österreichischen Brauseherstellers enthüllt Carlo Waibel, der sich im Pop-Alltag Cro nennt: „Schlafen kann ich ja richtig gut.“
Na, wenigstens etwas...

12.11.2016

Van Morrison über Plattenfirmen

Van Morrison erklärt im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ die Kulturindustrie und die aktuelle Politik der Plattenfirmen:

„Ich mußte schlicht drei Jahre verhandeln, um einen halbwegs vernünftigen Vertrag zu bekommen.“ (...)
SZ: Waren Vertragsverhandlungen immer schon so kompliziert und langwierig?
„Nicht wirklich, richtig schwierig ist es erst in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren geworden. Die Labels wollen mehr mehr für immer weniger. Sie verlangen wahnsinnig viel, sind im Gegenzug aber kaum bereits, etwas zu leisten.“
SZ: Stimmt es, daß Labels heute eher am Backkatalog als an neuem Repertoire interessiert sind?
„Sieht so aus. Ein guter Backkatalog ist eine Bank. Man hat keine großen Kosten mehr und bedient ein dankbares Publikum (...) Sony hatte kein Interesse an meinen neuen Sachen, weil das ‚Duets’-Album, das ich zuletzt für sie gemacht habe, nicht wirklich toll lief. Mit deinem nächsten Kram mußt du es dann besser woanders versuchen. Die hatten einfach kein Interesse daran. Ich war ihnen wohl auch einfach zu alt.“
SZ: Beunruhigt Sie dieser Gedanke?
„Natürlich. Aber so ist es nun einmal.“
SZ: Sehr viele berühmte Rockmusiker sind heute jenseits der 70. Haben sie alle dasselbe Problem?
„Definitiv! Und das ist auch der Grund, warum sie immer wieder ihren Katalog überarbeiten – weil das alles ist, was sich noch verkauft. Es ist traurig.“

12.11.2016

C-Dur-Taste auf dem Klavier

Und wo wir schon beim gängigen Plapperjournalismus sind:
In der „Berliner Zeitung“ darf eine Theresa Dräbing unter dem Titel „Komponieren mit dem Fluxpad“ den halbseitigen Promotion-Artikel über eine neue und nicht uninteressante App schreiben, die die Band Mouse On Mars entwickelt hat. Darin dieser schöne Satz:
„Man muß keine Noten lesen können oder wissen, wo die C-Dur-Taste auf dem Klavier ist.“
Jetzt spiele ich doch schon eine ganze Weile Klavier, etwa fünfzig Jahre dürften es sein, aber eine C-Dur-Taste habe ich bis heute nicht gefunden. Hm.
Immerhin hat die Dame enthüllt, daß man keine Ahnung von den Dingen haben oder gar wissen muß, wie seriöser und kompetenter Journalismus geht, um einen halbseitigen Artikel in einer deutschen Tageszeitung zu veröffentlichen. Bisserl rumschieben auf der Journalismus-App des Tablets reicht heutzutage völlig aus...

12.11.2016

Deutsche Konzerne spenden für Trump

Die neueste amerikanische Serie namens „US-Präsidentschaftswahl“, die seit einigen Monaten auf allen Kanälen spielt und mit Demokratie ungefähr soviel zu tun hat wie Erotik mit „Bauer sucht Frau“, neigt sich allmählich ihrem voraussehbaren Ende zu. Aber all die, die sich so entschieden gegen Donald Trump aussprechen und denken, damit hätten sie schon im großen Buch der Gutmenschen einen goldenen Eintrag sicher, sollte man vielleicht darauf hinweisen, daß etliche deutsche Konzerne den Wahlkampf von Donald Trump und seiner Republikaner finanzieren: Zum Beispiel BASF, Bayer, Siemens oder T-Mobile. Im Ernst?, werden Sie jetzt vielleicht fragen. Im Ernst.

Da Unternehmen nicht mit Spenden Einfluß auf den Wahlkampf nehmen dürfen, gibt es in den USA laut „Hamburger Abendblatt“ Lobby-Instrumente namens „Political Action Committees“ (PACs), die Spenden von amerikanischen Mitarbeitern sammeln und dann entscheiden, wie viel Geld an welche Partei fließt. Auch die US-Töchter deutscher Firmen unterhalten derartige PACs. Diese müssen die Zuwendungen öffentlich machen, und daher wissen wir, daß die BASF Corporation 641.236 US-Dollar ausgegeben hat, von denen 72,5 Prozent an die Republikaner und 27,5 an die Demokraten flossen. Der PAC der Bayer-Tochter sammelte 454.000 $ ein, von denen die Republikaner 82% erhielten, das sind 375.000 $. Mit 86% ihres PACs bedachte die Deutsche Bank die Republikaner, während Boehringer Ingelheims und T-Mobiles US-Töchter ihre Spenden unter Demokraten und Republikaner im Verhältnis 50:50 aufteilten (was im Klartext bedeutet, daß die Hälfte ihrer Spenden Trump und den Republikanern zuflossen). SAP USA bevorzugt dagegen die Demokraten mit 61,5%, aber immerhin noch 38,5% gehen an die Republikaner.

Und was sagen die deutschen Unternehmen dazu? Laut „Hamburger Abendblatt“ hab der Unternehmenssprecher von Bayer die Antwort, der Bayer-PAC unterstütze nicht Trump oder Clinton, sondern „Kandidaten für parlamentarische Ämter, die sich intensiv mit Bayer-relevanten Themen befassen“, etwa Gesundheitspolitik oder Patentschutz.
Ach so, also bloß ganz normales Schmiergeld. Na dann. Ist halt alles ein PACk, hier wie da.

12.11.2016

ZDF-Spendengalas

Wenn das ZDF eine Spendengala für die Krebshilfe ausrichtet, läßt sich das Staatsfernsehen (das aus den Zwangs-Gebührengeldern der Bürger*innen jährlich mehr als 2 Milliarden Euro erhält) seine „gute Tat“ von der Hilfsorganisation bezahlen: Laut „Spiegel“ muß die Krebshilfe für die Ausrichtung der Show mit Carmen Nebel 600.000 Euro bezahlen, etwa 40% der 1,5 Millionen Euro teuren Show.

Im November wird Frau Nebel Spenden für die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt sammeln; auch diese müssen für die Wohltätigkeitsshow des ZDF blechen. Die Zuschauer*innen sollten sich dessen bewußt sein, daß sie von jedem Euro, den sie den Hilfswerken zukommen lassen, bis zu 40 Cent ans ZDF „spenden“ (wenn man als Meßlatte die Krebshilfe-Show anlegt).

12.11.2016

Snowden, Die Zeit und Oliver Stone

Das bürgerliche Leitmedium interviewt Oliver Stone und macht dabei Propaganda:

„ZEIT: War es Ihnen wichtig, zu zeigen, daß Snowden zunächst ein konservativer Republikaner war und kein durchgeknallter Linker?
Stone: Warum verwenden Sie diesen Ausdruck?
ZEIT: Was stört Sie daran?
Stone: Was ist falsch daran, ein Linker zu sein? Oder ein engagierter Linker? Und vor allem muss man nicht durchgeknallt sein, um links zu sein. Es gibt eine noble Tradition progressiver Bewegungen, in den USA, in Deutschland, überall.
ZEIT: Okay. Wer oder was genau ist Snowden?“

Jaja, wir haben schon verstanden, wer sich gegen staatliche Überwachung und das Regiment der Geheimdienste wehrt, kann nur „durchgeknallt“ sein, klar.

12.11.2016

Biermann vs. Snowden

Ach ja, ein gewisser Wolf Biermann hält Edward Snowden übrigens für einen „Feigling“ und disqualifiziert sich damit wieder einmal auf vortrefflichste Art und Weise selbst.

Während Arundhati Roy Snowden und Assange als die zwei berühmtesten „Refugees of the Lifestyle Wars“ bezeichnet und ihr Whistleblowing als „Realpolitik“. Wenn man das denn so bezeichnen will – dann würde ich mir jedenfalls mehr Realpolitik dieser Art und weniger Altherren-Feuilletongeschwätz a la Biermann wünschen.

„Weißt du, wenn du sagst, du scherst dich nicht um Datenschutz, weil du nichts zu verbergen hast, dann ist das so, als ob du sagst, du scherst dich nicht um das Recht auf freie Rede, weil du nichts zu sagen hast.“ (Edward Snowden)

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